Am Sonntag schuf Gott das Abenteuer
Vom Friedhof ins Leben
Frühmorgens, als es noch finster war…
Maria aus Magdala geht frühmorgens als es noch finster ist zum Grab. Ganz sanft ist der erste Lichtstreifen am Horizont zu sehen. Bald wird die Dämmerung mehr und mehr licht. Sie sieht erste Umrisse bis später dann der Tag die Nacht ganz und gar besiegt hat.
Aber soweit ist es noch nicht.
Noch ist es finster, als wäre unentschieden ob auch am ersten Tag der Woche die Sonne wieder aufgehen wird und die Finsternis vertreibt. Wie kann in ihre Trauer ein Licht hineinfallen? Am Freitag stand sie unter dem Kreuz Jesu. Am Samstag dann Schabbat und Pessach. Ein Ruhetag und ein hoher Feiertag zugleich. Die Regeln gelten für alle. Jetzt, am dritten Tag ist sie früh auf den Beinen, auf dem Weg zum Grab.
Man könnte mal mit ihr mitgehen. Und die eigene Geschichte hinein halten in Marias Weg zwischen Kreuz und Auferstehung.
Wie ist es, wenn die Trauer einen umklammert und auf den Schultern lastet? Wie ist es, wenn die Erinnerung die Seele beschwert, so sehr, dass man nicht an eine Zukunft glauben kann?
Am Grab lässt sich innere Zwiesprache halten. Es mag sich anfühlen wie lebendige Nähe. Und doch ist es die Nähe zu einem Verstorbenen. Beerdigt nach jüdischem Ritus in Tücher gewickelt und gesalbt mit wohlriechender Salbe.
Innere Stimmen die nicht stimmen
Auf dem Weg zum Grab geht sie auch noch einmal ihre Geschichte ab: Wie alles begann.
Maria, hebräisch Mirijam, der Name sagt auch schon etwas zu ihrem Wesen. Er kommt vom hebräischen Wort für „bitter“ oder „sehen“.
Und Maria hat ein bitteres Leben. Eine Frau mit einer zunächst negativen Frömmigkeitsgeschichte. Daimonion steht griechisch für innere Stimme, Gewissen. Und Maria ist besetzt von sieben negativen inneren Stimmkomplexen. Eine Frömmigkeit, die unfrei macht. Statt einer guten Stimme, sieben. Oder in spiritueller Sprache: Die Frau ist besessen von sieben Dämonen.
Was lässt sich innerlich vernehmen und beansprucht Wahrheit? Eine halbe Wahrheit ist bekanntlich komplett unwahr. Stimmen erinnern an Defizite. Oder fixieren.
Man kennt sich.
Maria sieht mehr. Trotz ihrer Besessenheitsgeschichte sieht sie Jesus von Nazareth. In seinem Umfeld ist Freiheit.
Und tatsächlich: in einer inneren Dynamik wird Jesus ihr zutiefst innerlich. Eine neue Innengeschichte treibt die alten Komplexe aus.
Was für eine Verwandlung!
Von da an ist Maria dabei, genauer müsste man sagen: Immer dabei. Sie ist der einzige Mensch, der sowohl beim Sterben Jesu ausgeharrt hat. Als auch der erste Mensch, der dem Auferstandenen begegnet.
Aber so weit sind wir noch nicht.
Und dann steht sie am offenen Grab und weint, der Stein ist weg! So kommt ein Schreck zum anderen.
Wo wird man in seiner Trauer um einen lieben Menschen gewürdigt? Offene Gräber verheißen nichts Gutes.
In der Trauer am offenen Grab trifft sie auf zwei Engel in weißer Kleidung im Höhlengrab sitzen. Frau, was weinst du?
Der Leichnam Jesu ist nicht mehr da. Aber wohin ist er gebracht worden? Das ist ihre Frage, ihre Suche.
Als sie sich umdreht, steht Jesus dort und fragt ebenfalls: Frau was weinst Du? Wen suchst Du?
Sehr witzig, möchte man sagen. Jesus wird von Maria mit einem Gärtner verwechselt. Das Grab ist das Grab von einem wohlhabenden Menschen und liegt in einem Garten.
Wo denn sonst kann man einen Ort finden für Trauer und Tränen? Wenn nicht hier geweint werden kann, wo sonst?
Was weinst du? Wen suchst du?
Das Ende einer Welt
Was dann passiert ist dramatisch. Mit einem einzigen Wort stürzt eine alte Welt ein.
Maria hört ihren Namen aus dem Munde Jesu. Unverwechselbar. Es gibt so viele Marias, dass schon das Heimatdorf als Nachname dazu gesagt werden muss. Und es gibt doch nur die eine einzige Maria, die in dem Augenblick am Ostermorgen ihren Namen hört. Sie ist gemeint, keine andere.
Und ich bin auch gemeint, so wie du. Es mag ja sein, dass es Millionen Ullis, Marias, Hannahs, Ninas, Larissas, Benedikts, Hendriks und wen auch immer gibt. Und doch wirst du merken, wer dich anspricht und wie du angesprochen wirst.
Dann gibt es nur einen einzigen Menschen, Dich. Denn unverwechselbar ist die eigene Geschichte einer großen Liebe. Und wie mein Name vom geliebten Menschen ausgesprochen wird.
Von der Friedhofsgeschichte zur Paradieserzählung
Wie am Anfang der Zeit die Schöpfung geschah, so geschieht in der Auferweckung Jesu die Neuschöpfung. Wir werden Zeugen einer neuen Welt. Dort der Paradiesgarten mit den ersten Menschen. Und hier der Garten mit dem ersten neuen Menschen. Jesus Christus ist auferweckt durch die schöpferische Kraft Gottes.
Noch heute erinnere ich mich daran, wie mein Vater uns Kindern einen Pfiff beibrachte, um uns nicht im Gewimmel auf dem Bahnsteig zu verlieren. Den Pfiff werde ich mein ganzes Leben nicht vergessen. Jederzeit würde ich mich umdrehen, wenn ich dieses Zeichen irgendwo hören würde. Übrigens auch praktisch, wenn Du gleich mit mehreren Kids unterwegs bist ;).
Aus der Beziehung, aus an Anrede heraus, geschieht es plötzlich. Blitzt plötzlich auf. Welch´freudiger Schrecken: Er lebt!
Aus einer Friedhofsgeschichte wird eine Paradieserzählung! Was für eine Einladung am Ostermorgen zu lauschen, innen wie außen, bis ich höre: ich bin gemeint.
Klar kannst Du dich intellektuell ausklinken, indem Du meinst: Wenn ich Märchen hören will, gehe ich ins Stadttheater. Geschichten, die zu schön sind, um wahr zu sein.
Hier ist es so wahr, um schön zu sein.
Der Ostermorgen gilt als der achte Tag. Schöpfung war im siebener Schema. Neuschöpfung ist sieben + eins. Eine andere Wirklichkeit tut sich auf.
Viele Taufbecken in alten Kirchen haben dieses Wissen bewahrt. Sie sind achteckig. Im Auf und Ab der Zeit, plötzlich! – die Anrede: Maria. Taufe ist das Zeichen des Neuanfangs. Ich bin schon hier Kandidatin oder Kandidat der neuen Welt. Und in der Osternacht wird oft getauft.
Ja klar: Jesus und Maria, die waren sooo eng. Maria hat ihn umarmt. So sehr, dass Jesus sagt: Halt mich nicht fest! Geh und sag's den anderen.
Und das tut sie.
Und was ist meine Sendung? Wozu bin ich künftig vom Auferstandenen gesandt, es in seinem Namen zu tun?
Jede Ostergeschichte ist ein Diesseitserfahrung! Um diese Welt hier geht es, in der Du erfährst: Er lebt! Von den sieben Dämonen der eigenen Besetzungsgeschichte in die Wirklichkeit des achten Tages.
Und da macht auch der Werbespruch des TV Kanals Kabel 1 Sinn: Am Sonntag schuf Gott das Abenteuer.
Dahinter verbirgt sich eine Sendung „Abenteuer Leben am Sonntag“ mit live hacks, Reiseberichten und Kochrezepten, Do it yourself stories. Wahrscheinlich sonntags präsentiert.
Am Sonntag schuf Gott das Abenteuer. Abenteuer kommt von advenire, ankommen. Wie kommt der Auferstandene so bei mir an, dass ich mich umwende?
Wie mir Jesus entgegen kam
Im letzten Sommer waren wir ein paar Tage in Kopenhagen. Und dort sind wir auch in den Dom gegangen; von außen ein eher unscheinbares Gebäude. Aber innen! Statt eines Kreuzes mit dem toten Jesus dran, wurden wir – plötzlich – mit dem lebenden Jesus konfrontiert: Eine große Gestalt kommt dir freundlich entgegen und du weißt: Das ist der Auferstandene! Wir waren ein bisschen geflasht. Ja, warum auch nicht? Der Auferstandene Jesus kommt mir entgegen, um bei mir anzukommen.
Und dann runter vom Friedhof, rein ins Leben.
Manchmal kommt die Lust aufs Abenteuer mit einem einzigen Wort: Wenn Du deinen Namen hörst. Denn Du bist gemeint.

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