Die Reformation begann mit einem Hammer, nicht mit einer Abrissbirne. Wie das Gruseln erfunden wurde


Die Reformation begann mit einem Hammer, nicht mit einer Abrissbirne

Wie das Gruseln erfunden wurde

Martin L. hatte sich anno 1517 ein paar Gedanken gemacht und sie zur Diskussion gestellt. Dazu postete er 95 Thesen. Hieß in seiner Zeit: Er heftete sie an die Tür der Wittenberger Schlosskirche.

Was damals das Intranet der Uni war. Denn erstens postete er in Latein, was das gemeine Volk sowieso nicht lesen konnte. Und zweitens war der Thread auch nur an Kollegen gerichtet. Mit denen wollte er in einen Diskurs gehen. In der Wissenschaftssprache des ausgehenden Mittelalters.

 

 

Sein Beitrag jedoch wurde geleakt, in Deutsch übersetzt und vielfach repostet: Der Buchdruck war erfunden.

Es geht in dem Beitrag um Geld. Wofür darf man welches nehmen? Wofür nicht? Martin L. vertrat die Ansicht, dass Gnade und Vergebung Gottes kostenlos (gratis) seien. Und nicht verkauft werden dürfen.

Die Mächtigen der Kirche fanden das gar nicht lustig.

Weil, Angst vor Einnahmeverlusten.

Und das Volk natürlich auch nicht. Denn die Leute zahlten ja Geld für den Erlass von Strafen im sogenannten Fegefeuer. Konkret: Lass Deine verstorbenen Liebsten nicht so lange leiden, kaufe ihnen einen Ablassbrief.

Und wenn Du plötzlich liest, das ist gar nicht nötig….

 

Aus einem geplanten Meeting unter Universitätskollegen wurde also eine Widerstandsbewegung.

 

Wikileaks lässt grüßen

 

Tja, Datenschutz wäre schon damals wichtig gewesen. Wikileaks gab es also schon im Mittelalter.

Das alles soll am 31.10.1517 passiert sein. Und Protestant:innen begehen das Ereignis als Geburtstag ihrer Kirche.

Sie feiern also die Einladung zu einem Gespräch unter Uni-Angehörigen mit dem Thema Geld.

 

 

Was lernen wir daraus:

1.   Die Reformation begann mit einem Hammer.

2.   Damals wie heute ist Geld die treibende Kraft hinter vielen Entscheidungen.

3.   Insbesondere das Geld, das man sich sparen kann! Für Ablass gibt heute kaum jemand noch Geld aus. Geschweige denn für Verwandte im Fegefeuer. Falls es das gibt: Es trifft meistens die Richtigen!

4.   Geld und Geltung hängen sprachlich sehr eng zusammen. Wofür wollen wir Geld ausgeben? Heißt übersetzt: Was soll gelten?

 

„Das ist ja der Hammer!“

 

Studierende ziehen am 31.10.2024 vor die Tür des Landeskirchenamtes der Evangelischen Kirche von Westfalen, um gegen die drohende Schließung ihrer Gemeinden zu protestieren. Es muss gespart werden; minus 50% für die Evangelischen Studierendengemeinden (ESGn) in Westfalen.

Da stehen einige ESGn sofort vor dem Aus.

 

Und, wie tragisch, wieder die eine Frage: Was soll gelten? Was ist so wesentlich, dass dafür Geld ausgegeben wird?

·        Junge Erwachsene, die ihren Glauben auch an der Uni leben wollen?

·        Gottesdienste, Themenabende, Austausch, Gemeinschaft?

·        Gelebte Ökumene?

·        Präsenz von Kirche auf dem Campus?

·        Hilfe für Studierende in Krisensituationen?

·        Begleitung internationaler Studierender?

·        Interreligiöser Dialog?

Einerseits also das Bekenntnis dazu, dass junge Menschen die Zukunft der Kirche sind. Andererseits sagen die Studierenden: „Mit uns hat niemand gesprochen!“ Und Hochschulen werden zu weißen Flecken auf der Kirchenlandkarte.

 

…nicht mit einer Abrissbirne

 

Die Reformation begann mit einem Hammer. Also einer Einladung zum Gespräch!

Soll der Hammer jetzt durch eine Abrissbirne ersetzt werden?

 

Gruselig.

 

Man mag nicht glauben, dass sich die Evangelische Kirche aus Universitäten zurückziehen möchte. Den Orten, an denen ein geleakter Post einmal zum Geburtstag protestantischen Glaubens wurde.

Was also soll gelten?

 

Dafür müsste dann auch Geld da sein. 

Foto: Albers-Heinemann
Foto: Albers-Heinemann

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