Österliche Bußzeit - Ein neuer Blick auf die Fastenzeit


Österliche Bußzeit

Ein neuer Blick auf die Fastenzeit

 Seit Wochen bin ich mit einem Bild im Kopf unterwegs. Was es wohl aussagt? Also, über mich, sonst könnte ich es ja wohl leichter weglegen. Ich erzähle es kurz, man darf ja nicht alles veröffentlichen.

Vorne steht der Prüfer. Vor ihm verschiedene Tiere, Fisch, Affe, Vogel, Elefant, Schnecke, Robbe….

Und dazu die Aussage: „Damit es gerecht zugeht, erhalten alle die gleiche Aufgabe: Klettern Sie auf diesen Baum!“

Für mich ist Gerechtigkeit ein hoher Wert. Das hier ist zutiefst ungerecht. Eine Gleichmacherei unter dem Deckmantel der Gerechtigkeit! Echt mies.

Wer sich an die Fabel von George Orwell erinnert: Animal farm. Die Schweine übernehmen die Herrschaft. Und unterdrücken die anderen Tiere brutal. Da erinnert sich jemand daran, dass es ursprünglich mal hieß: „alle Tiere sind gleich“.

Darauf erfinden die Schweine die Erklärung: „Alle Tiere sind gleich, nur einige sind gleicher.“

Unter dem Deckmantel von Herrschaft wird die Welt einfach neu erklärt. Heißt heute: ein neues Narrativ wird eingeführt. So läuft es heute, so lief es damals.

Welche Ungerechtigkeit ist mir widerfahren?

Oder wie habe ich meinen Mitmenschen vielleicht ungerecht behandelt?

Gleiche Rechte zu haben bedeutet nicht, gleich zu sein.

Könnte manchmal auch bei Gender Diskussionen vergessen werden.

 

Was also brauchst Du zutiefst für Dich, so wie Du bist? Was ist stimmig?

 

Fastenzeit ist Bußzeit

An dieser Stelle komme ich zum Thema Fastenzeit. Man nennt sie auch – das passt noch viel besser – eine österliche Bußzeit.

Fasten ist Verzicht – und kann okay sein.

„Österliche Bußzeit“ jedoch stellt die kommenden Wochen in den Horizont von Ostern. Die Auferweckung Jesu als Dreh- und Angelpunkt des Glaubens und der Weltgeschichte. Auf das „Es ist vollbracht!“ (Joh 19,13) folgt die Antwort Gottes in der Auferweckung Jesu. Und das ist zugleich die Bestätigung, dass Jesus im Namen Gottes unterwegs ist.

Ostern, die Auferstehung, ist also der Horizont der Passions- oder Fastenzeit. Sie hat ein Ziel. Österliche Bußzeit wird sie genannt, weil das Ziel auch den Weg dorthin bestimmen soll.

Und so beginnt die allererste Predigt genau so. Sie ist ein Aufruf zur Buße.

„Tut Buße und glaubt an das Evangelium“ (Mk 1,15)

Letztlich ist es egal, wie es dazu kam: Tatsache ist, dass das Wort „Buße“ heute eher die Bedeutung von Bestrafen hat. Gerne auch als Selbstbestrafung.

Wörtlich heißt Buße: Denk um, dreh dein Denken in die komplette Gegenrichtung!

Und wir sagen dann: „Das wirst Du mir büßen!“ – aber wer hat schon Bock auf Buße?

Etymologisch steckt in dem griechischen Wort metanoiete das Wort Nous – das bedeutet Sinn. Davon kommt zB englisch to know und sogar das deutsche Wort Nase. Das finde ich krass.

Immer der Nase nach. Wo die hinzeigt, da geht’s dann letztlich auch lang.

„Umdenken“ könnte man daher schlussendlich mit „Nast um“ erklären. Wer seine Nase überall reinsteckt, dem stinkt es irgendwann. Wenn es einem stinkt kann das ein wichtiges Zeichen sein, dass es da nicht lang geht.

Richtig verstanden sagt Jesus also: Ändert euer Denken! Denkt um und glaubt an die gute Nachricht.

Fasten ist okay. Nicht jedoch als Selbstbestrafung oder ohne Perspektive.  

Wie anders dagegen klingt es (und fühlt es sich an), wenn ich mir eine Umdenkzeit gönne, damit ich dann auch mit anderen die Auferstehung feiern kann.

Spricht man von der österlichen Bußzeit, wirkt das Ziel – wir gehen auf Ostern zu – schon jetzt auf den ganzen Weg. Das Umdenken dient dazu, sich für die gute Nachricht zu öffnen. Damit dann an Ostern richtig die Post abgeht!

 

Was müsste ich mal umdenken?

Habe ich – um im Bild zu bleiben – selbst geglaubt, ich müsse auf diesen Baum klettern? Was ist mein Element, in dem ich mich wohlfühle? Welche Gedanken gehören dazu – auch über mich? Welche Glaubenssätze?

Umkehren ist eine riesige Chance, etwas hinter sich zu lassen. Was einen festhält. Und gar nicht stimmt.

So gesehen ist es eine Chance, alte Glaubenssätze über sich selbst, andere, und auch Gott zu verabschieden.

Das Evangelium ist eine gute Nachricht, eine frohe Botschaft.

Wie erreicht sie mich neu, dass ich – von diesem Ziel hier – umdenken kann?

Achtung: Das Evangelium ist universal. Und es kommt zugleich ganz persönlich bei Dir an. Wie kommt Gott in Jesus Christus mir heilvoll entgegen?

 

Alte Glaubenssätze

Die österliche Bußzeit als spirituelles Projekt ließe sich durchbuchstabieren mit Reflexionsfragen, die meine oft behindernden Glaubenssätze entlarven:

·      Was macht mich klein – auch in meinem Denken?

·      Bin ich in meinem Element – passt mein Umfeld zu mir? Oder habe ich es einfach so hingenommen?

·      Mit welchen Gedanken betreibe ich vielleicht Selbstsabotage: Ich habe Träume – für mich aber können sie nicht wahr werden, weil: Ich bin nicht dran.

·      Wann bin ich gut genug? Ließe sich die Steigerungslogik in meinem Leben entlarven – und verabschieden?

·      So gesehen wäre das Projekt: Die frohe Botschaft sagt mir: Ich bin umfassend in Ordnung. Und ganz geliebt.

Alles, was dem entgegen steht, lässt sich in Buße – also umdenken – verabschieden. Und dazu gehört, das Ziel vor Augen zu haben. Auferstehung ist was ganz anderes als zerknirscht durch diese Welt zu schleichen.

Foto: unsplash
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