Gesichter der Hoffnung. Semesterstart


Gesichter der Hoffnung

Semesterstart

Eine Lehrveranstaltung Jesu

 

Wer hätte das gedacht?!

Jesus steht im EKVV - also im Vorlesungsverzeichnis - und hat 'ne eigene Lehrveranstaltung.

Alle Achtung!

Es ist ein Postgraduiertenkolleg oder sowas. Menschen mit Abschluss hören ihm zu.

Pharisäer waren eine religiöse Partei, die besonders konsequent die Gesetze einhielten. Jedenfalls ihrer Meinung nach. Schriftgelehrte, da hört man schon: Die haben studiert. Gelehrte der Schrift, also der Thora.

Leider ist der Titel der Lehrveranstaltung nicht überliefert. Es gibt aber so eine Ahnung. Dazu später.

Der Hörsaal ist voll. In diesem Fall wohl ein altisraelitisches Haus, das in der Regel ein Flachdach hatte.

 

Und da ist dieser Mensch auf seiner Kline, eine Trage, eine Matte, etwas, worauf er liegt. Der ist gelähmt.

Das ist seine Lage. Kein Name, nur die Beschreibung. Er ist ein Paralytiker, also ein Mensch mit einer halbseitigen Lähmung. Wörtlich heißt para und lysis: Der lebt neben der Lösung (seiner Existenz).

Zu hohe Ansprüche an sich? Selbstvorwürfe? Schuldgefühle? Angst davor zu versagen? Traumatisierungen? Es gibt Lähmungen, die beginnen im Kopf, wirken sich jedoch ganzheitlich aus.

 

Statt freier Lust am Leben und Lebendigkeit schleicht sich was ein, was einen nicht mehr loslässt. Und umgekehrt. Eine Verklammerung entsteht. Nicht nur Du hast die Lähmung. Die Lähmung hat dich.

So viele verschiedene Menschen es gibt, so viele verschiedene Niederlagen. Ich erlebe eine Niederlage. Und dann kann ich darauf auch gleich liegen bleiben. Was für eine Fixierung!

 

In dieser Situation gibt es oft Menschen, die Dir helfen wollen, indem sie was erklären. Also Analyse. Die wissen, woher es kommt. Was aber bringt eine Analyse, wenn die Paralyse bleibt?

Von diesem Menschen hören wir: Nix geht mehr!

 

Dieser Mensch hat Freunde. Die kommen und nehmen ihn mit. Die Lehrveranstaltung Jesu war öffentlich, nur eben überfüllt. Nichts geht mehr.

 

Da steigen sie der Versammlung aufs Dach. Lukas erwähnt Ziegel, an anderer Stelle scheint es nur Lehm gewesen zu sein.

 

Egal!

 

Sie machen ein Loch ins Dach und lassen den Paralytiker hinab. Direkt vor die Füße Jesu.

Was für Freunde!

 

Bis dahin wurde in der Geschichte noch kein Wort gesprochen. Nix. Jetzt kommt es zur maßgeblichen Kommunikation. War es ein Augenblick völliger Stille? Von oben rieselt noch was nach. Und Jesus schaut auf, durch das Loch im Dach. Und sieht den Glauben dieser Freunde.

 

Hauptgewinn: Das Hoffnungs-Los

 

Was für eine Szene. Jesus sieht, was die antreibt. Gesichter der Hoffnung! Dass Niederlage noch nicht das letzte Wort ist.

Und sie legen ihren Freund Jesus vor die Füße.

Was für eine Metapher fürs Gebet!

 

Was sind Deine Niederlagen? Wo hat sich so was verknotet, dass sich keine Lösung erkennen lässt? Andere Menschen können für einen selbst hoffen und glauben. Dieser Mensch hat Freunde und die packen es an. Statt endloser Analyse wie alles begann und wer schuld ist: Unterbrechung. Es gibt die heilsame Unterbrechung, in dem andere Menschen in Freundschaft übernehmen. Weil sie Hoffnung haben.

„Als Jesus ihren Glauben sah…“ wer hätte gedacht, dass das funktioniert. In Hoffnung und Glaube legen sie ihren Freund Jesus vor die Füße.

 

Jesus baut das kurzerhand in seine Lehrveranstaltung mit ein.

Er sieht diese Gesichter der Hoffnung und sagt: "Mensch, dir sind deine Sünden vergeben."

 

Ob das die Freunde des Gelähmten so erwarten? Egal. Sie erwarten irgendeine Veränderung.

Ich stocke einen Augenblick. Geht es wie so oft um Sünde? Manch einer hat eine Sozialisation, da war alles, was irgendwie Spaß machte, Sünde. So wurde aus einem Beziehungsbegriff etwas Moralistisches. Und damit total unbrauchbar.

 

Was ist denn das, was Jesus da im Namen Gottes zuspricht?! Lass Deine verfehlte Freiheitsgeschichte hinter dir! Irgendwas hat sich da ereignet – und nach und nach wurde ein Mensch ein Gefangener seines Misstrauens, seiner Angst zu kurz zu kommen, seines Scheiterns. Und dass, obwohl er an sich hätte wissen können:

Gott ist ein Gott der Freiheit.

Dumm gelaufen.

Ich werde ein verkrümmter Mensch. In mich selbst verkrümmt bis die Lähmung alles bestimmt.

Welche Tragik, sich über seine verfehlte Freiheitsgeschichte definieren zu müssen.

Dann sieht Jesus die Hoffnung der Freunde – und diese Lähmung des Menschen. Und spricht ihn frei.

Vergebung kennt kein Ja, aber. Dir sind Deine Sünden vergeben.

Was für eine Ansage!

Gott jedoch in seiner Freiheit ist vom Menschen völlig verschieden. Und so kann Jesus das nicht nur sagen. Es geschieht auch. Knoten lösen sich, die Hoffnung wächst.

 

Wollte man das Wort Sünde herleiten, gibt es verschiedene Möglichkeiten. In einer kommt das Wort schämen vor. Du musst dich nicht mehr schämen. Welche Einladung zum Neubeginn!

 

Tja, praktische Theologie und rundherum nur Dogmatiker. Das geht doch nicht, das darf nur Gott!  Wer weiß, was der gemacht hat. Das wird schon seinen Grund haben. Usw.

Manch ein gläubiger Mensch lebt geradezu davon, dass er ständig richtig und falsch unterscheiden kann. Vor allem bei den anderen. Immer ist einer falsch und ein anderer richtig. Das hört nie auf!

 

Für den Ewigen sind jedoch Sünden genauso leicht zu vergeben, wie meine ganzen gedachten Richtigkeiten.  

 

Das ist die Sehnsucht Gottes nach uns Menschen.

 

Nimm Deine Niederlage und geh nach Hause

 

Krass, was die anderen Gelehrten so denken.

Da legt Jesus nach. Und befiehlt ihm, aufzustehen.

Ja, warum soll die Erfahrung umfassender Vergebung nicht zur Heilung führen? Was denn sonst?

 

Jesus sagt auch gar nicht: Mensch, sei heile. Sondern sagt: Egeire!

Das heißt zweierlei: Wach auf! Und Steh auf!

Und nimm deine Niederlage und geh nach Hause. Die brauchst Du nicht mehr.

 

Die Freunde des Gelähmten wussten: Da geht noch was! Und so kam es auch. Jesus gründet eine Aufstandsbewegung: Wach auf! Und dann: Steh auf!

 

Jesus ist die Freundschaftsanfrage Gottes. Glaub um, denk um. Du musst dich nicht mehr schämen. Dir sind deine Sünden vergeben.

Vielleicht lässt sich von daher ahnen, welchen Titel die Lehrveranstaltung Jesu hatte.

 

Vielleicht: Die praktische Auswirkung der Erfahrung von Freiheit und Vergebung – und der Hoffnung von Freunden. Oder so ähnlich.

Immerhin: Sie loben Gott und bekennen: "Wir haben heute seltsame Dinge gesehen."

 

Was für ein Wunder!

 

Eine Lehrveranstaltung, in der es ums gelebte Leben geht, höchst praktisch. Und Freunde, in deren Gesichtern Glaube und Hoffnung zu sehen ist.

 

Hab' einen guten Start in die neue Vorlesungszeit.

Foto: U.Melzer
Foto: U.Melzer

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