Badehose im Gottesdienst
Angst, etwas falsch zu machen
Das hier ist die Geschichte von einem Gottesdienst, den ich kürzlich mitgefeiert habe.
Kurz vor dem Beginn des Gottesdienstes stürmt ein Mann auf einen anderen in der Runde zu: "Die Badehose muss weg! Wir feiern hier Gottesdienst." Irgendwie überrascht nimmt der die Badehose und bringt sie anderswo hin.
Obwohl im Sommer doch immer mal Badekleidung irgendwo zum Trocknen rausgehängt wird. Nur eben vermutlich seltener im Gottesdienst.
Jede/r hat offenkundig andere Vorstellungen davon, wo was hängen darf – und wo nicht. Badehose im Gottesdienst geht für den einen. Für die andere ist es fast schon Gotteslästerung.
Wie also hat ein ordentlicher Gottesdienst auszusehen? Was gehört hinein, was sollte besser draußen bleiben? Eine Badehosen-Frage.
Noch interessanter ist: Was steht hinter dieser Aufgeregtheit? Die Würde der Veranstaltung verlangt es, dass wir das Alltägliche draußen lassen. Oder: Es gab auch früher nur Gottesdienste ohne Badehose. Warum sollte es jetzt anders sein?
Wenn es Badehosen im Gottesdienst geben sollte, dann müsste das doch auch in der Kirchenordnung stehen. Oder in der Liturgie vorkommen, also im Gottesdienstablauf.
Angstbasierte Glaubensausübung
Die Angst, etwas falsch zu machen, sitzt manchmal tief. Und diese Angst darf auch ernst genommen werden. Mit der eigenen Angst andere zu drangsalieren, das ist etwas anderes.
Und genau der Grund, weshalb Jesus mit den Vertretern einer angstbasierten Glaubensausübung in der Regel heftig gestritten hat. Eine Heilung im Gottesdienst zum Beispiel wird von seinen Gegnern als unzulässige Arbeit angesehen. Arbeit am Feiertag ist verboten. Jesus konfrontiert diese Pharisäer mit ihrer Boshaftigkeit. Von da an versuchen sie, Jesus umzubringen (vgl. Mk 3,1-6).
Sobald Angst entsteht, können sich große destruktive Kräfte entwickeln. Kann ich meine Angst schon nicht loswerden, dann muss ich zumindest versuchen, sie irgendwie zu handhaben.
Und da kann man sich schon mal mit einer Badehose beschäftigen. Statt mit der grundsätzlichen Angst, etwas falsch zu machen, also zu versagen.
Die Angst vor Einsamkeit, zu verhungern und zu verdursten, vor Verletzung und vor Versagen sind menschliche Grundängste, die viele Nuancen kennen. Und die Menschen so richtig im Leben einschränken können. Welcher Weg ist zu gehen, um seine eigene Angst aufzulösen?
Gegen die Angst
Die Einladung Jesu ist eine Einladung zur Wahrheit. Nur die Wahrheit macht frei (vgl. Joh 8,32)
Und zu der Wahrheit kann eben auch gehören, sich nicht von den Ängsten anderer bestimmen zu lassen.
Außerdem ist Angst ein Gefühl. Gefühle können sich an viele Situationen andocken. Deshalb lautet die Spruchweisheit dazu auch: „Menschen fürchten sich nicht vor den Dingen, wie sie wirklich sind, sondern vor den Vorstellungen, die sie sich davon machen.“
Manchmal ist es schon ein erster Schritt ins Freie, zu entdecken: Für andere ist es gar nicht angstbesetzt, was mir da gerade Probleme bereitet. Die sitzen immer noch entspannt im Gottesdienst. Badehose hin oder Bikini her.
Wie willkürlich Ängste mit uns umgehen können, zeigte sich dann am gesamten Bild:
Der Gottesdienst, von dem hier die Rede ist, wurde auf einem Schiff gefeiert. Und auf diesem Segler wohnten auch Menschen. Und die mussten auch dort ihre Badekleidung trocknen. Wo denn sonst, wenn nicht da, wo Du wohnst? Und sonst hat sich auch keiner daran gestört.
Der Mann, der sich aufgeregt hat, trug übrigens – kein Scherz! – gelbe Crocs. Also diese aufgeschäumten Plastikschuhe, die insbesondere auf Krankenhausfluren gesehen werden, manchmal auch in Schlachthäusern, oder beim Freibadpersonal; immer mit einem Riemen über der Ferse. Und immer hässlich.
Crocs im Gottesdienst! Wo kommen wir denn hin, wenn das alle machen!
Jedenfalls habe ich dann – immer noch vor dem Gottesdienst – meine Badehose dezent zum Trocknen aufgehängt. Ich wohnte auch dort und mein Widerstandsgeist wurde geweckt. Wahrscheinlich habe ich einfach in meinem Leben zu viele Erlebnisse gesammelt, bei denen Menschen wussten, was sich gehört und was richtig ist. Und das insbesondere für alle anderen.
Der Gottesdienst wurde dennoch sehr schön. Trotz Badehose. Und sogar trotz dieser Crocs in knallgelb.
Bring-dich-doch-mit-Gottesdienst
Und wäre es nicht toll, wir könnten Gottesdienste mit Menschen feiern, so wie sie sind? Und mit dem, was sie mitbringen?
Angst kommt sprachlich gesehen von Enge. Und welche Freiheit zu entdecken: Der Gegensatz von Angst ist Freiheit. Eine Freiheit der Kinder Gottes. Ich gehöre zur Freiheit in Person, Jesus Christus.
Von dem es heißt: „Zur Freiheit hat uns Christus befreit“ (vgl. Gal 5,1).
Die vorlesungsfreie Zeit ist da. Allen, die noch Hausarbeiten und Klausuren vor sich haben: Gutes Gelingen und viel Segen!
Möge dann auch Zeit dafür sein, die eigene Freiheit einzuüben, dass die Ängste verschwinden.
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