Der Dönermann


Der Dönermann

Unterwegs zuhause

Der Dönermann

 

Unterwegs zuhause

 

Neulich war so einer dieser Tage. Wieder einmal. Es lief irgendwie nicht rund. Jedenfalls in mir.  Also dieser Zustand, bei dem sich ausbreitet, was so ungeklärt in einem ist.

 

Passt aber auch haargenau in diese Zeit. Einige sind weitergezogen, andere ziehen zu. Wo bin ich dann eigentlich konkret zuhause? Zwischen Ransbach-Baumbach, Lüdenscheid, Dresden, Castrop-Rauxel, Hamburg oder eben Bielefeld-Gellershagen?

 

Während ich noch über diesen eigentümlichen Zustand grübele, verspüre ich Hunger. Der will eine Antwort, sofort.

„Na gut“, sage ich, „dann eben heute Dönerbude an der Ecke.“

 

Ich nähere mich diesem Pavillon der schnellen Bedürfnisstillung und fingere mir eine Maske vors Gesicht, da winkt er schon, der Dönermann.

 

Auf die Entfernung kann man sich eigentlich nicht verstehen. Erkennen schon gar nicht angesichts der ganzen Gesichtsbedeckungen, die da in der Schlange vor dem Eingang getragen werden. Und ich bin ganz hinten in der Schlange der Hungrigen. Und dennoch:

Er winkt mir zu und ich zurück. Augenscheinlich hat er mich sofort erkannt.

Gibt mir ein Zeichen. Ich zeichne zurück mit „Daumen hoch“.

 

Und der Dönermann legt los. Kennt er meine Vorlieben auswendig, kann den Hunger in meiner Mitte geradezu fühlen. Und reagiert zügig und freundlich.

Und nebenbei wird auch dieses Gefühl verwandelt. Wohlig breitet sich in mir aus, was gerade geschieht.

Man kennt sich, ist vertraut. Jemand weiß genau, was mir fehlt. Ich muss nicht viele Worte machen. Oder erklären, warum ich lange nicht gedönert habe.

 

Als die Schlange vorgerückt ist und ich dran bin, bekomme ich ihn direkt in die Hand.

Kleiner Wortwechsel als Beilage: „Wie geht’s? Danke, gut. Und selbst? Ja, läuft gut, seitdem die Schüler wieder da sind“, sagt der Dönermann.

 

Natürlich war es Hunger. Und doch dazu auch dieses Gefühl. Vielleicht eine Art von Heimweh oder Einsamkeit? Keine Ahnung.

Für den Augenblick passt wieder alles. Es ist familiär, also vertraut.

Und es muss auch nichts erklärt werden.

Welche Gast-Freundschaft!

 

 

 

 

Gott ist nur ein Gebet weit entfernt (Nelly Sachs).


Foto: Annette Petrick  Unterwegs zuhause
Foto: Annette Petrick Unterwegs zuhause

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