1. Mai - Hoffentlich regnet's


1. Mai - Hoffentlich regnet's

Eine kleine Geschichte vom Staunen

Der 1. Mai war bei uns zuhause aufregend. Denn da standen wir schon im Morgengrauen auf. Wir Kinder freuten uns. Denn es gab ein paar ganz besondere Traditionen an diesem „Tag der Arbeit“, den mein Vater als Gewerkschaftler mit uns beging. Erstens: Das Wetter. Es war an dem Tag egal. Wir hatten den Vers gelernt „Mairegen macht, dass man größer wird, größer möcht‘ ich gern sein.“ Da war Regen für mich im Vorschulalter geradezu willkommen. Zweitens: Es gab auf der Kammlage des Teutoburger Waldes eine kleine Wiese. Auf der hatten sich wundersame Geschichten abgespielt. Und mein Vater konnte sie alle erzählen, spannende Geschichten. Was für eine aufregende Sache im Morgengrauen. Drittens: Schokolade. Hierzu muss ich eigentlich gar nichts sagen. Die beste Nussschokolade der ganzen Welt gab es am 1. Mai auf dieser einen kleinen Lichtung.

 

Was würde ich sehen, wenn ich heute in die Augen des kleinen Jungen von damals schauen könnte? Vielleicht unfassbares Staunen. Vom frühen Aufstehen, dem Regen, den Geschichten: Alles war ein einziges Wunder! Meine Erwartung damals hat meine Situation völlig verändert. Durchnässt vielleicht und total glücklich.

Erst jetzt habe ich herausgefunden, dass der Spruch vom körperwuchsförderndem Mairegen ein Volkslied von Hofmann von Fallersleben ist. Also Musik.

 

Mit dem Vers „Singet dem HERRN ein neues Lied, denn er tut Wunder“ (Ps 98,1)  mischt sich der 1. Mai meiner Kindheit mit dem Sonntag Kantate (Singt!). Hier wie da geht es um Staunen. Über das, was kommt. Und da stehen die Zeichen nach Ostern auf neue Hoffnung, neue Schöpfung, neuer Gesang. Kantate, eben. Da finde ich mich durch die Auferstehung Jesu Christi in einer völlig neuen Situation wieder. Alles geht auf’s Leben zu. Sogar jetzt, wo wir so eingeschränkt sind beim Singen.

Und interessant: Es geht nicht um neue Lieder, sondern darum, Lieder neu zu singen.

Welches Lied würdest Du also gerne neu singen? Vielleicht ist einfach eine nachösterliche Playlist dran, die wir dann heruntersingen. Vermutlich heiser, aber glücklich. (die Playlist ist hiermit eröffnet!)

Da die Sache mit dem 1. Mai so tief in mir verankert ist, sind wir vor ein paar Jahren wieder los gezogen. Quasi vor dem Aufstehen waren wir schon im Berg. Und was soll ich sagen: Es war wie damals. Es war kalt und windig. Und Regen war auch dabei. Also beste Bedingungen für einen echten 1. Mai. Und diese Mischung aus Staunen und Dankbarkeit war auch wieder da. Danke, Papa, danke, Gott.

Unsplash Foto: Sherman Yang
Unsplash Foto: Sherman Yang

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